der heutige tag sollte also unser letzter hier in hamburg sein. was bietet sich da besseres an, als einen ort zu besuchen, den ich in 4 oder 5 bisherigen hamburgbesuchen nicht geschafft habe zu sehen, das gelände des mehrfach genutzten, dazu später, kz neuengamme. es ging also gleich einmal mit der s-bahn zum hauptbahnhof und von dort mit s21 nach bergedorf. der zug fährt nach wenigen minuten des wartens ein, alles steigt ein, "dieser zug wird eingezogen und endet hier", alles steigt aus. 10 minuten später der nächste zug, dieser schafft es dann in etwa die halbe strecke zwischen hauptbahnhof und berliner tor zurückzulegen, "wegen eines polizeieinsatzes wird sich die weiterfahrt um ungefähr 3 bis 5 minuten verzögern", nach 10 minuten dann "wegen eines abgeschlossenen polizeieinsatzes wird sich die weiterfahrt um ungefähr 5 minuten verzögern", nach weiteren 10 minuten ging es schon die verbleibenden 200 m zur haltestelle berliner tor. dort begann das spiel von neuem. dann ging es aber los - und wie. der zug fuhr langsam an, beschleunigte kaum, wurde langsamer hielt an, "wegen eines signalfehlers wird sich die fahrzeit um etwa 5 minuten verlängern", stimmt, nämlich bis zur nächsten station. so ging es weiter bis billwerder-moorfleet. bis bergedorf hatten wir gute 50 minuten verspätung. selbstredend war der bus nach neuengamme auf nimmerwiedersehen dahin und wir hatten satte 30 minuten auf den nächsten zu warten. naja, für einen kaffee (man merke den unterschied zum sonst von mir gebrauchten begriff "café") und ein franzbrötchen blieb also ausreichend zeit.
mittels linienbus 327 ging es dann durch gartenzwerge bewehrte gartenlandschaften und in weiterer folge durch weite flur zur haltestelle "neuengammer gedenkstätte ausstellung", dort holte uns dann um 1247 die vergangenheit ein. gleich beim eingang zum gelände ist in einem glaskobel ein modell des lagers ausgestellt. zu diesem zeitpunkt wird einem allerdings in kleiner weise die wahre dimension des geländes bewußt. am weg zum langgezogenen, zweigeschoßigen ausstellungsgebäude sind die grundrisse von baracken mittels roten und weißen abbruchsteinen in gab(b)ionen markiert, eine augenfällige aber dezente art einen ersten eindruck zu vermitteln. aufgrund der in s-bahn und bus abgesessenen zeit beschlossen wir, vor besuch der ausstellung einmal das gelände zu erkunden. es war eine gute entscheidung, denn so fanden wir genug zeit das areal zu ergehen und somit einen physischen zugang zum grauen zu finden. man bedenke, daß jeder unserer schritte hunderttausendfach durch gefangene des kzs gegangen wurde, durch menschen die vielleicht wenige augenblicke später niedergeknüppelt, erschlagen, erschossen oder in den elektrozaun getrieben wurden oder aber ganz einfach an erschöpfung und auszehrung verreckt sind. aber auch ss-mannschaften, aufseher, kapos und andere entmenschte bestien sind uns vorgegangen, man kann sich daher auf diesem gelände nicht bewegen ohne auch bewegt zu werden, so pathetisch das auch klingen mag. eine simple empfehlung: hingehen, ansehen, das nachdenken kommt dann ganz von selbst.
trotz oder gerade vielleicht wegen der alles beherrschenden eindrücke, es soll ja übersprunghandlungen geben, haben wir auf dem gelände auch zwei dosen gesucht (und gefunden). die erste, "schute", führt zum ende des elbe stichkanals, der von den häftlingen einerseits neugeschaffen und andererseits in den bereits bestehenden teilen verbreitert und befestigt wurde. ebendort liegt auch eine der für die baumaßnahmen und den materialtransport genutzten schuten an land. die zweite dose liegt, wohlgemerkt sehr dezent plaziert, im hintesten teil des geländes, in jenem teil, der großteils für nationale gedenkstätten und auch für solche von interessensgruppen herhält. dieser teil war für mich bis zu einem gewissen grad unerfreulich, trennt er doch wieder auf anstatt sich im kampf gegen vergessen und zukünftige entwicklungen zu verbinden.
bedauerlicherweise war anläßlich unseres besuchs sowohl die ausstellung im gebäude des klinkerwerks als auch die in den ss-garagen nicht zugänglich. so blieb uns bis zur abfahrt des nächsten busses noch ausreichend zeit, die hauptausstellung zu besuchen. und zugegebenermaßen erst jetzt, wurde mir die nachnutzung des kzs im vollen ausmaß bewußt. sofort im anschluß an das ende des wk ii wurde das lager, wie einige andere auch, als internierungslager für nazischergen und sonstige menlichkeitskrüppel verwendet, dies bis 1948. danach aber beginnt der wahrlich wenig rühmliche "werdegang": ab 1949 wird auf dem gelände unter nutzung des baubestandes eine justizvollzugsanstalt eröffnet, welche in weiterer folge 1970 noch durch eine jungendjustizvollzugsanstalt ergänz wurde. erst im jahre 2006 wurde der gefängnisbetrieb eingestellt und neuerrichtete teile weitestgehend abgerissen. ein letztes erinnerungsstück in form eines mauerteiles und eines wachturms erinnert noch heute an diese zeit. weitere kommentare zur geschichte dieses ortes sind wohl nicht wirklich notwendig. derzeit ist der bestand des jugendgefängnisses noch auf google maps zu sehen. nach drei stunden des ergehens und verstehens ging es nun wieder gen bergedorf und in weiterer folge nach hamburg zurück.
nachdem wir nun die arbeit unter unmenschlichen und menschenmordenden bedingungen gesehen hatten, stand noch das hamburgische museum der arbeit am programm. es beleuchtet, in didaktisch ausgezeichnet aufbereiteter art, in standard- und sonderausstellungen alte und neue aspekte des arbeitens. und da hier sehr viele mitarbeiterinnen und mitarbeiter ehrenamtlich arbeiten, sind sie mit ihrer tätigkeit oft sehr verwachsen - wir fielen einer recht alten jedoch überaus rüstigen und vor allem erzählbedürftigen dame im museumsladen in die hände, die halbe stunde verging wie im flug :-).
so jetzt reicht es aber, ab in hotel! gereinigt, gedöst und, aufgrund einer unpäßlichkeit madames, allein abendessen gegangen. und da ich schon sehr lange nichts mehr afrikanisches geschmaust hatte, ging es gleich beim hotel ins tropical point. es gab/ich bestellte - ja, richtig geraten - reis mit bohnen. delikat! und weil ich schon lange keine kochbananen gegessen hatte, wurden solche bestellt. nochmals delikat! und weil es guinness, zwar in flaschen aber immerhin doch, gab, war das ganze überhaupt überdrüber :-). ach ja, einen afrikanischen hardcorebitter gab es auch noch, sehr verdauungsfördernd ...
usiku mwema!
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